„Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“

Text entspricht dem Titel, Grafik

„Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“

Jetzt sass ich eben auf dem Klodeckel am Zähneputzen. Ich versuchte die Anzahl Male auszurechnen, die mein Sohn während seiner Kindheit einen Wutanfall hatte. Ich rechnete so ca. ab 8 Monaten bis zu seinem 8. Lebensjahr. Also in den Anfängen bis zu 8 davon täglich (immer so rund 20 Minuten mindestens, ah, man könnte sogar die Minuten berechnen) bis mit 8 Jahren so einer pro Tag. Hmm. Nehmen wir den Schnitt von 3 Stück pro Tag – weil es waren ja schliesslich sehr, sehr viele anfänglich – dann komme ich auf 8‘760 Wutausbrüche!

Türen und Fenster schliessen, meinen Sohn sichern, so, dass er nirgends stürzen konnte, mich sichern, dass ich nicht selbst im roten Bereich drehe, meine Tochter liebevoll anschauen, denn sie konnte ja nichts dafür. Irgendwie sehen, dass ich dann und wann meine Batterien wieder aufladen konnte.

Mein Mann kam dann letztens zu mir mit diesem Sprichwort. Oh, wie gut es passt zu diesen vielen Jahren des Aushaltens, des Begleitens, des „sich doch auch etwas unwohl Fühlens, weil er „halt so ist“. Des „sich doch manchmal schuldig Fühlens“.

Mein Sohn hat mich vieles über mich selbst und übers Kinderhaben und über das Leben gelehrt. Über uneingeschränkte Akzeptanz, Empathie, Wertschätzung und über Demut. Und über persönliche Grenzen. Er ist heute – und er war es immer – ein unendlich perfektes, imperfektes Kind. Er ging und geht mir noch immer „unter die Haut“, berührt mich mit all seinen Facetten. Nichts hat mich so gefordert und gleichzeitig so gestärkt. Besten Dank, mein Sohn.